Eine Frau,
die ihren Mann begräbt,
wird Witwe genannt,
ein Mann,
der ohne seine Frau
zurückbleibt,
Witwer.
Ein Kind ohne Eltern
ist eine Waise.
Wie aber heissen
Vater und Mutter
eines gestorbenen Kindes?
P. F. Thomese, „Schattenkind“
Abschiedsfeiern
Abschied nehmen von den Kindern – Erprobte Rituale
Abschied nehmen ist ein ganz wesentlicher Bestandteil der Trauerarbeit. Neben dem eigentlichen Bewusstwerden des Verlustes und dem späteren Verarbeiten ist dies vermutlich eine der wichtigsten ihrer Säulen.
Betroffene Eltern eines früh verstorbenen oder tot geborenen Kindes spüren, dass alles, was Sie jetzt noch an Eindrücken ihres Kindes sammeln können, nicht nur für die kommende Trauerarbeit reichen soll, sondern auch als Erinnerung für ein ganzes Leben.
Eindrücke, die wir nicht sammeln, die können wir später auch nicht mehr zum Ausdruck bringen. Alles, was wir nicht zum Ausdruck bringen, das können wir nicht verarbeiten.
Es gibt viele Möglichkeiten und Varianten, Abschied zu nehmen und die eigenen Gefühle auszudrücken
Im folgenden möchte ich kurz einige Ansätze und Ideen aus dem Forum der Schmetterlingseltern erwähnen; sie wurden von betroffenen Eltern zusammengestellt:
Als Gebärende nicht allein im Zimmer bleiben
Häufig kommen Kinder so früh zur Welt, dass sie einfach keine Chance haben, dies zu überleben. Manchmal sind es auch medizinische indizierte Schwangerschaftsabbrüche. In solchen und ähnlichen Fällen nicht allein ins Krankenhaus fahren, Beistand mitnehmen!
Partner mit ins Zimmer aufnehmen lassen
Gebärende und Partner sollten ein Einzelzimmer erhalten, um dort ungestört sein zu können.
Ultraschall
Bitten Sie um ein letztes Ultraschallbild ihres Kindes. Manche Eltern möchten das Sterben ihres Kindes über Ultraschall verfolgen. Dies sollte möglich sein.
Dem Kind einen Namen geben
Geben Sie ihrem Kind einen Namen. Ganz egal, wie klein es vielleicht ist. Es ist einfach nicht schön oder würdig, im Nachhinein immer von «der Fehlgeburt» sprechen zu müssen.
Zeit lassen
Lassen Sie sich Zeit für ihren Abschied. Nur Sie selbst können wissen, wie lange Sie dafür wirklich brauchen. Lassen Sie sich da nicht reinreden. Wer nicht gleich Abschied nehmen konnte, kann das auch an späteren Tagen noch nachholen.
Abschied auch für Familienangehörige
Geben Sie auch Familienangehörigen, Freunden und gegebenenfalls Geschwisterkindern die Möglichkeit, sich zu verabschieden.
Eindrücke sammeln
Schauen Sie sich ihr Kind genau an. Fassen Sie es an, streicheln Sie es. Alle Fehl-und Totgeborenen Kinder duften wunderbar nach Baby. Prägen Sie sich den Duft ein.
Das Kind selbst versorgen
Sie, ihr Partner, eine liebe Freundin oder das Grossmami können das Kind Baden, wickeln und anziehen. Es gibt winzige Babykleidung. Ganz «frühe Kinder» lassen sich wunderschön mit einem kleinen Spitzentaschentuch wickeln. Auch das Versorgen kann einige Tage nach der Entbindung geschehen.
Fuss- und Handabdruck
Lassen Sie sich Abdrücke der Füsschen und Händchen machen. Das kann die Hebamme tun - z.B. mit einem Stempelkissen.
Haarlocke
Manche Babys haben schon sehr früh viele Haare. Nehmen Sie sich eine Haarlocke als Erinnerung.
Namenskärtchen
Mit allen Angaben zu Gewicht, Größe, Geburts- und Todeszeitpunkt anfertigen lassen. Name der Hebamme.
Urkunde
Viele Krankenhäuser stellen eine interne Urkunde aus. Dies ist besonders wichtig für Eltern, deren Kinder weniger als 500gr wiegen, denn für sie gibt es keine Sterbeurkunde vom Standesamt.
Mit dem Kind allein sein
Verbringen Sie ausreichend Zeit mit ihrem Kind, auch ohne dass weitere Personen dabei anwesend sind. Jetzt ist die Zeit ihm noch alles zu sagen, was Sie ihm mit auf seinen Weg geben möchten.
Gefühle leben
Jedes Gefühl, das in einer solchen Situation in uns hochkommt, ist normal und richtig. Ob Schmerz, Ohnmacht, Wut und manchmal auch Humor.
Fragen, Fragen, Fragen
Stellen Sie all die Fragen, die ihnen durch den Kopf gehen. Jede Frage kann wichtig sein, auch wenn Sie noch keine Antwort finden.
Hilfe hinzuziehen
Holen Sie sich alle Hilfe, die Sie benötigen. Einen Seelsorger. Eine Hebamme, die Sie später auch zuhause betreut.
Obduktion
Überlegen Sie sich , ob Sie eine Obduktion wünschen, oder nicht, und formulieren Sie dies sehr deutlich. Möglichst vor Zeugen.
Geburts- oder Todeskarten
Viele Eltern haben das Bedürfnis, den Tod ihres Kindes anzuzeigen. Das kann mittels Karten oder einer Zeitungsanzeige geschehen.
Erinnerungsstücke aufheben oder schaffen
Heben Sie all ihre Erinnerungstücke gut auf. Vielleicht schaffen Sie auch welche: z.B. ein Seidentuch in der Mitte durchschneiden, davon eine Hälfte dem Sarg beilegen, die andere zum Kuscheln selbst behalten. Oder: Zwei gleiche Kuscheltiere besorgen. Eines davon behalten. Man kann auch den Bestattungs-strampler in zweiter Ausfertigung für zuhause besorgen.
Musik
Die meisten von uns verbinden mit bestimmten Musikstücken die Erinnerung an ihr Kind. Manchmal haben wir vielleicht auch in der Schwangerschaft ein bestimmtes Lied immer wieder gehört. Solche Lieder können Halt geben.
Bilder, Gedichte
Heben Sie Bilder und Gedichte auf, die Sie an Ihr Kind erinnern. Malen oder schreiben Sie möglichst selbst welche und sammeln Sie sie in einem schönen Büchlein.
Jahrestage
Tragen Sie Termine, die im Zusammenhang mit ihrem Kind stehen, in Kalender ein: Jahrestage, Geburtstage, erwarteter Geburtstermin etc.
Eine Kerze für mein Baby
Viele Eltern haben eine Kerze für ihr Kind, die sie extra zum Gedenken an ihr Kind angeschafft haben. Manche basteln auch wunderschöne Kerzen dafür selbst.
Einen Ort zum Trauern schaffen
Nicht alle verwaiste Eltern haben ein Plätzchen auf dem Friedhof, an dem Sie ungestört trauern können. Man kann sich ein solches Plätzchen aber schaffen, sei es zuhause, im Garten oder in der freien Natur.
Ein Bäumchen pflanzen
Pflanzen Sie ein Bäumchen für Ihr Baby. Das kann in Ihrem Garten sein – oder sonst an einem Ort, an dem Sie viel Kraft und Ruhe spüren. Sie können immer wieder zurückkommen.
Dies sind alles nur Vorschläge und Anregungen. Jedes Elternpaar sollte für sich selbst entscheiden, womit es sich am wohlsten fühlt. Möglich ist es auch, einige Rituale nachzuholen, wenn man zum damaligen Zeitpunkt vielleicht keine Gelegenheit dazu hatte. Alles ist richtig, wenn es einem dabei nur besser geht.
Manchmal kommen ungewollte Ratschläge, oder sogar Unverständnis oder Kritik aus dem Umfeld. Ignorieren Sie dies und bedenken Sie, dass Sie als Eltern sich genauso von ihrem Kind verabschieden dürfen, wie es Ihren Wünschen und Sehnsüchten entspricht.
Je offener, aktiver und selbstbestimmter Sie Abschied nehmen, desto besser kann Ihre Trauerarbeit gelingen. Trauer kann Ihnen niemand abnehmen, nur mittragen. Und sie kann «geweint» werden, damit alles fliessen kann, was Sie innerlich bewegt. Heute oder morgen. Wann auch immer.
aufgeschrieben von Birgit Zart (www.kinderwunschhilfe.de aus: www.schmetterlingskinder.de)