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Trauerbegleitung

Trauerphasen

Unter Trauer versteht man psychische Reaktionen, die nach dem Verlust eines nahestehenden Menschen durch dessen Tod auftreten können.
Trauer ist etwas ganz Natürliches. Sie sollte nicht verdrängt werden, denn eine unter Ärzten und Psychologen anerkannte Tatsache ist es, dass unverarbeitete Trauer zu Krankheit und seelischen Schäden führen kann.
Wichtig für die Verarbeitung von Trauer ist es, dass der erlittene Verlust vergegenwärtigt und «begriffen» wird. Verzichten Sie deshalb nicht darauf, von Ihrem Verstorbenen Abschied zu nehmen, berühren sie ihn und nehmen Sie ihn ein letztes Mal in den Arm.
Die Trauerpsychologie unterscheidet bei der Bewältigung der Trauer mehrere Phasen, die jedoch nicht zwingend gleichartig in jedem Trauerfall ablaufen. Es sind dies:

1. Trauerphase: Nicht-Wahrhaben-Wollen

Der Tod eines Menschen schockiert immer, auch wenn er nicht unerwartet kommt. Auf einmal ist alles anders. Verzweiflung, Hilf- und Ratlosigkeit herrschen vor. Das Geschehene wird noch nicht erfasst, man leugnet es ab, man kann und will es nicht glauben. Viele Menschen sind wie erstarrt, verstört und völlig apathisch. Andere geraten ausser Kontrolle, brechen zusammen.
Der Tod hat etwas Überwältigendes, der Schock sitzt tief. Körperliche Reaktionen wie rascher Pulsschlag, Schwitzen, Übelkeit, Erbrechen, motorische Unruhe und vieles andere zeigen sich.

Diese Phase kann wenige Stunden bis – vor allem bei plötzlich eingetretenen Todesfällen - mehrere Wochen dauern. Mögliche Hilfeleistungen in dieser Phase sind:

  • Trauernde dort unterstützen wo sie überfordert sind
  • Hilfeleistung bei Regelungen, die im Zusammenhang mit dem Todesfall stehen
  • Trauernde in ihren Reaktionen nicht bevormunden
  • Da - Sein, ohne viel zu fragen.
  • Alle Gefühle des Trauernden zulassen
  • Die scheinbare Empfindungslosigkeit, das Fehlen der Tränen, die Starre aushalten
  • Wärme und Mitgefühl vermitteln.
  • Die eigenen Gefühle zum Ausdruck bringen, wenn es angebracht erscheint.

2. Trauerphase: Aufbrechende Emotionen

In der zweiten Phase werden durcheinander Trauer, Wut, Freude, Zorn, Angstgefühle und Ruhelosigkeit erlebt, die oft auch mit Schlafstörungen verbunden sind. Eventuell setzt die Suche nach einem oder mehreren «Schuldigen» ein (Ärzte, Pflegepersonal …). Oft sucht man auch die Schuld bei sich selbst. Infolge dessen entstehen Schuldgefühle, die den Trauernden quälen.
Der konkrete Verlauf dieser Phase hängt stark davon ab, wie die Beziehung zwischen den Zurückgebliebenen und dem Verlorenen war, ob zum Beispiel Probleme noch besprochen werden konnten oder ob viel offengeblieben ist.

Starke Schuldgefühle im Zusammenhang mit den Beziehungserfahrungen können bewirken, dass man auf dieser Stufe stehenbleibt. Das Erleben und Zulassen aggressiver Gefühle hilft dem Trauernden dabei, nicht in Depressionen

Weil in unserer Gesellschaft Selbstbeherrschung ein hoher Wert ist und abhängig von familiären und gesellschaftlichen Prägungen sogar die Tendenz bestehen kann, Trauer ganz zu verdrängen, bestehen oft grosse Schwierigkeiten, diese Phase zu bewältigen.

Aber nur indem die adäquaten Emotionen auch tatsächlich erlebt und zugelassen werden, kann die nächste Trauerphase erreicht werden. Mögliche Hilfe in dieser Phase:

  • Nicht von ungelösten Problemen, Schuld und Konflikt ablenken. Ablenken fördert nur das Verdrängen, was zu einer Verzögerung des Trauerprozesses führen kann
  • Schuldgefühle nicht ausreden, aber auch nicht bekräftigen, sondern schlicht zur Kenntnis nehmen.
  • Am Erleben und Erinnern des Trauernden Anteil nehmen.
  • Anregungen für alltägliche Hilfen geben. (Tagebuch schreiben, malen, Entspannungsübungen usw.)
  • Eigene Geschichten zurückhalten
  • Keine Interpretation oder wertende Stellungnahmen geben

3. Trauerphase: Suchen und Sich-Trennen

In der dritten Trauerphase wird der Verlorene unbewusst oder bewusst «gesucht», meistens dort, wo er im gemeinsamen Leben anzutreffen war (in Zimmern, Landschaften, auf Fotos, aber auch in Träumen oder Phantasien). Die Konfrontation mit der Realität bewirkt, dass der oder die Trauernde immer wieder lernen muss, dass sich die Verbindung drastisch verändert hat.
Der Verlorene wird bestenfalls zu einem «inneren Begleiter», mit dem man durch inneren Dialog eine Beziehung entwickeln kann. Im schlechteren Fall lebt der Trauernde eine Art Pseudoleben mit dem Verlorenen, nichts darf sich ändern, der Trauernde entfremdet sich dem Leben und den Lebenden.
Wenn der Verlorene aber zu einer inneren Person wird, die sich weiterentwickeln und verändern kann, dann wird die nächste Phase der Trauerarbeit erreicht. Besonders hilfreich erweist sich, wenn in dieser Phase des Suchens, des Findens und des Sich-Trennens auch noch ungelöste Probleme mit der verlorenen Person aufgearbeitet werden können. Mögliche Hilfen in dieser Phase

  • Alle Erlebnisse der Vergangenheit dürfen ausgesprochen werden - keine Zensur.
  • Akzeptieren, dass immer wieder in den verschiedensten Formen «gesucht» wird.
  • Geduld, Zeit lassen
  • Gefühle ernst nehmen, die durch Erinnerungen oder Erzählungen wieder auftauchen
  • Kein Drängen auf Akzeptieren des Verlustes
  • Unterstützen bei Ansätzen der Neuorientierung

4. Trauerphase: Neuer Selbst - und Weltbezug

Nachdem man seinen Schmerz herausschreien durfte, anklagen und Vorwürfe machen durfte, kehrt allmählich innere Ruhe und Frieden in die Seele zurück. Der Tote hat dort seinen Platz gefunden.
Langsam erkennt man, dass das Leben weitergeht und dass man dafür verantwortlich ist. Es kommt die Zeit, in der man wieder neue Pläne schmieden kann. Der Trauerprozess hat Spuren hinterlassen, die Einstellung des Trauernden zum Leben hat sich meist verändert.
Neue Beziehungen, neue Rollen, neue Verhaltensmöglichkeiten, neue Lebensstile können möglich werden. Dass jede Beziehung vergänglich ist, dass alles Einlassen auf das Leben an den Tod grenzt, wird als Erfahrung integrierbar. Idealerweise kann man sich dann trotz dieses Wissens auf neue Bindungen einlassen, weil man weiss, dass Verluste zu ertragen zwar schwer, aber möglich ist und auch neues Leben in sich birgt.
Mögliche Hilfen in dieser Phase:

  • Dazu beitragen, das der Trauernde auch den Begleiter loslassen kann.
  • Eigenes Bedürfnis «helfen zu müssen» überprüfen (Helfer - Syndrom)
  • Veränderungen im Beziehungsnetz des Trauernden begrüssen und unterstützen
  • Gemeinsame Formen suchen, die Trauerbegleitung behutsam zu beenden oder umzugestalten.

 Aus: www.priorliving.ch

Abschliessend…

Der Abschied von einem geliebten Menschen bedeutet Schmerz. Die damit verbundene Trauer erfasst alle Lebensbereiche und wird begleitet von Gefühlen wie Verlassenheit, Einsamkeit, Hilflosigkeit, Beklemmung, Wut, Angst, Zorn und manchmal Erleichterung.
Trauer kann sich jedoch auch körperlich auswirken, und zwar in Müdigkeit, Überempfindlichkeit gegen Lärm, Muskelschwäche, Magenschmerzen, Atemnot und Schüttelfrost.
Zur Trauer gehören Tränen. Tränen sind der Beginn des Trostes, sie machen uns frei zum neuen Handeln.
Um Trauer zu lösen, ist das Gespräch erforderlich. Wenn die Umwelt nach einigen Tagen oder Wochen sich wieder dem Alltagsgeschehen zuwendet, dann braucht der Trauernde Gesprächspartner, die ihm zuhören und mit ihm über den Verstorbenen sprechen können.
Scheuen Sie sich nicht, sich auch nach Wochen oder nach Monaten an den Trauerbegleiter / Seelsorger Ihres Vertrauens zu wenden, um mit ihm über Ihr Verhältnis zum Verstorbenen, über die Reaktion in Ihrer Umwelt sowie über Ihre alltäglichen Sorgen zu sprechen.

In vielen Orten gibt es Selbsthilfegruppen, deren Adressen bzw. Kontaktpersonen mir bekannt sind. Ich könnte Ihnen im Bedarfsfalle Zugang zu diesen Gruppen vermitteln oder Adressen nennen, bei denen Ihnen geholfen werden kann.